Wowsa! Momentan laufen echt eine Menge gute Filme. Habe gerade
The King's Speech gesehen, und ich hätte nicht erwartet, dass er mir
so gut gefällt. Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, warum nicht. Ich hatte ihn mir irgendwie... pathetischer und pompöser vorgestellt. Natürlich kommt er nicht ohne einen gewissen Pathos aus, aber letztlich sorgen das clevere Drehbuch und die überragenden Darsteller dafür, dass ein wirklich ergreifendes, spannendes Stück Kino dabei herauskommt. Kein Wunder, dass der Film für so viele Oscars nominiert ist.
The King's Speech dreht sich um King George VI, der zu Anfang des Films noch nicht König, ja noch nicht mal Thronfolger ist. Bertie
(Colin Firth), wie ihn seine Familie nennt, ist der zweitälteste Sohn des Königs und trägt den Titel
Duke of York. Und: Er ist ein furchtbarer Stotterer. Bereits während sein Vater noch regiert, muss er ab und an Reden halten
(mit einer solchen Szene steigt der Film ein), was sowohl für ihn als auch für das Publikum eine absolute Qual ist. Der Horror in seinem Gesicht, während die Menschen um ihn herum betreten zu Boden blicken, während er versucht, Konsonant um Konsonant einzeln und schmerzhaft hervorzuwürgen - OH MEIN GOTT.
Als Berties Vater stirbt, besteigt sein leichtlebiger älterer Bruder
(gespielt von Guy Pearce) den Thron - eine absolute Erleichterung für den Bertie. Denn der König braucht eine Stimme, hat er schließlich kaum Macht oder Verfügungsgewalt und ist zum Repäsentieren und Redenhalten da. Und für Bertie gibt es nun mal nichts Schlimmeres, als vor vielen Menschen zu sprechen. Seine Frau Elizabeth
(die wir als Queen Mum kennen und die von Helena Bonham Carter gespielt wird) überredet ihn jedoch, es nach zahlreichen fruchtlosen Versuchen noch mit einem letzten Sprachtherapeuten zu versuchen. Sie schleppt Bertie zu Lionel Logue, der von Geoffrey Rush gespielt wird. Der versucht mit für die damalige Zeit relativ unorthodoxen Methoden, den Gründen des Stotterns auf den Grund zu gehen und Bertie darüber hinwegzuhelfen. Als Berties älterer Bruder nach nur einigen Wochen der Regentschaft abdankt, um eine "nicht standesgemäße" Ehe eingehen zu können, und Bertie gezwungen ist, als King George VI. den Thron zu besteigen und zudem der zweite Weltkrieg naht, bricht er unter der Last fast zusammen. Nach der Krönungszeremonie wird von dem neuen König eine Rede an die Nation erwartet, die auf die Kriegserklärung zwischen England und Deutschland eingeht und den Leuten Mut macht,
The King's Speech eben.
Die Beziehung zwischen "Bertie" und Lionel steht im Mittelpunkt, und beide Darsteller spielen so toll, dass der Film - je näher die wichtige Rede rückt, eine ähnliche Spannung aufbaut, wie ein gelungener Psychothriller. Colin Firth ist als stotternder Duke und als stotternder König so fantastisch - das muss man einfach gesehen haben. Es ist auch ein großer Verdienst seiner Perfomance, Bertie/King George nicht durch und durch sympathisch darzustellen, sondern ihn mit einer ganzen Menge Schwächen zu versehen, die ihn am Ende nur noch nahbarer und zugänglicher machen. Als der König zur finalen Szene des Films an seinem Stab vorbei in die gefürchtete Sprecherkabine ging, da pumpte mein Herz dermaßen, als müsse ich selbst in ein paar Sekunden zu etwas antreten, das ich fürchte wie der Teufel da Weihwasser. So spannend war das, und so an Bord war ich während des Films. Fantastisch. Auch Geoffrey Rush: super. Und was für eine Wonne, Helena Bonham Carter mal nicht in einer totaaal durchgeknallten Rolle zu sehen, sondern als echte Frau. Auch sie war in ihrer Rolle wirklich wunderbar, obgleich sie relativ wenig Zeit auf der Leinwand hatte.
Wenn ihr mich fragt, ist
The King's Speech ein toller, kitsch- und nahezu pathosfreier Film über das Überwinden von scheinbar unüberwindbaren Hindernissen und auch irgendwie ein Film über Freundschaft und Mut. Wenn Colin Firth dafür keinen Oscar bekommt, dann fresse ich
(nicht zuletzt vor Wut) einen Besen.
Den Film sollte man wirklich gesehen haben. Wer ihn allerdings in der Synchro guckt, der ist wirklich selber schuld. Colin Firth muss man nicht nur sehen, man muss ihn auch hören.
(Wie jeden Schauspieler. Ich hasse Synchros. Aber das ist ein anderes Thema.)m.