Früher oder später liest man das immer, wenn gerade irgendwo ein Film-Festival stattfindet: Der Film X des Regisseurs Y wurde ausgebuht. So gerade geschehen in Cannes mit dem Film Tree of Life von Terrence Malick. Ich habe den Film nicht gesehen, weiß also nicht, ob ich ihn mag oder nicht. Dennoch habe ich ein - gelinde gesagt - Problem mit Menschen, die sich hinstellen, und ein Kunstwerk ausbuhen, weil es ihnen persönlich nicht gefällt. Genau genommen würde ich besagte Leute gerne mal so richtig in die Mangel nehmen. Oldschool, Bud-Spencer-Style. Mit Die-Köppe-an-einander-schlagen-dass-et-scheppert und so.
Man kann über Geschmack streiten, und Kunst lebt davon, dass man das tut. Wenn einem etwas, an dem jemand mit Herzblut gearbeitet hat, in das er Kreativität, Enthusiasmus, seine Ideen und nicht zuletzt auch seine Zeit investiert hat, nicht gefällt, dann kann man das Ergebnis natürlich kritisieren, wenn man gerne möchte, klar.
Aber sich hinstellen und "Buh!" schreien? Ähem.
Es ist zwar die hohe Kunst des Journalismus und so sicherlich auch des Kritikertums, komplizierte Sachverhalte kurz, knapp und allgemein verständlich zusammenzufassen. Aber eine einzelne Silbe? Ist das nicht doch ein bisschen sehr einfach? Um nicht zu sagen - naja... popelig??!
Kluge Künstler mit einem dicken Fell freuen sich wahrscheinlich über Buhrufe. Denn wenn sich ein kultivierter Mensch zu einem derart erbarmungswürdigen Verhalten hinreißen lässt, dann muss ihn das Gesehene ja zumindest irgendwie berührt haben. Dennoch: Ich persönlich finde Ausbuhen widerlich, insbesondere im Zusammenhang mit Kunst. Das ist so eine Unart, von Kunst persönliche Befriedigung zu erwarten, als wäre ein Theaterstück/Film/wasauchimmer eine Nutte, die einem jeden Wunsch von den Augen ablesen muss. Ich habe Eintritt gezahlt, now fucking blow me! Warum muss immer alles fertig, glatt und gefällig sein? Warum darf nichts Werden, Prozess, unfertig sein? WARUM MUSS IMMER ALLES PERFEKT SEIN? Haben wir alle zu oft Germany's Next Topmodel geguckt?
Was mich insbesondere besorgt ist Folgendes: Die Leute, die da in Cannes "Buh!" geschrien haben, sind kulturell (wie wahrscheinlich auch kulinarisch) überfressene alte Journalistensäcke und Filmfuzzis, die vermutlich fast ausschließlich vor 1970 geboren wurden und diese ganzen Menschenwürde-Vernichtungs-Formate wie Deutschland sucht den Superstar, X-Factor, Dschungelcamp und Co gar nicht kennen.
Wie werden denn die Kids, die mit diesen Formaten aufgewachsen sind, mit Künstlern umgehen, die ihnen etwas Eckiges präsentieren, das nicht in das Runde passt, das sie aus dem Fernsehen gewohnt sind?
Man kann natürlich auch so argumentieren: Buhen und Auspfeifen sind alte Phänomene. Und Fräulein Vega sollte sich nicht so aufregen. Ist richtig. Das Ausbuhen kam schon zur Zeit der Gladiatorenkämpfe im alten Rom vor. Da entschied das Publikum durch lautstarke Meinungsäußerung mit, wer leben und wer sterben sollte. Traditionsreich und voll harmlos also, das Buhen. Oh, wait.
Naja. Wahrscheinlich sollte ich den Buhrufern mit mehr Empathie begegnen. Sie haben offensichtlich so wenig Kontakt zu ihrer eigenen künstlerischen Seite, dass sie die Wunden, die sie schlagen, nicht nachvollziehen können. Außerdem ist es doch völlig klar, dass der Buhrufer an sich unter Erektionsproblemen, chronischer Verstopfung, unterentwickelten Genitalien und fauligem Atem leidet und deswegen so mies drauf ist.
Vielleicht sollte ich ihm also in Zukunft mit mehr Verständnis begegnen. Ha!
m.
Dienstag, 17. Mai 2011
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